In Hessen ist das Glücksniveau 2024 gesunken. Das wirtschaftsstarke Bundesland kommt nur auf einen enttäuschenden Platz im Mittelfeld. Die hohe Lebensqualität spiegelt sich nicht in der Zufriedenheit der Bevölkerung wider. Während die Menschen im eher ländlichen Nordhessen überdurchschnittlich glücklich sind, schneidet das industriell geprägte Südhessen sehr schlecht ab. Für Hessen ist entscheidend, ob es dem Süden gelingt, den Abwärtstrend zu stoppen.
Subjektive
Lebenszufriedenheit
Rang 9 (von 16)
Objektive
Lebensqualität
Rang 16 (von 16)
2024 ist Hessen eines der wenigen Bundesländer, in denen die durchschnittliche Lebenszufriedenheit im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist. Sie ging um 0,05 Punkte auf 7,01 zurück, nachdem sie 2023 noch bei 7,06 Punkten lag (Abbildung 1). Ähnliche Rückgänge gab es lediglich in Sachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Im Gegensatz dazu weist der nationale Trend einen klaren Anstieg der Zufriedenheit um 0,14 Punkte auf. Dies hat dazu geführt, dass Hessen im bundesweiten Ranking von Platz 4 auf Platz 9 abgestiegen ist, während in den meisten anderen Bundesländern der Erholungsprozess nach der Corona-Pandemie weitergeht.
Abbildung 1: Allgemeine Lebenszufriedenheit in Hessen 2015 bis 2024
Vor der Corona-Pandemie gehörte Hessen regelmäßig zu den Regionen mit der höchsten Lebenszufriedenheit und belegte stets Spitzenplätze im Bundesländervergleich. Seitdem zeigt sich jedoch eine Schwächephase: Nach einer langsamen Erholung stieg das Wohlbefinden im vergangenen Jahr um 0,24 Punkte, wodurch Hessen wieder den vierten Rang erreichte – ähnlich wie vor der Pandemie. Das Vorkrisenniveau von 7,31 Punkten wurde jedoch nicht wieder erreicht. In diesem Jahr kam ein Rückschlag, das Glücksniveau ging wieder leicht zurück und Hessen sackte auf den neunten Platz ab. Hessen könnte somit ein ähnliches Schicksal drohen wie dem nördlichen Teil Niedersachsens, der vor einigen Jahren noch zu den glücklichsten Regionen zählte, inzwischen aber ins Mittelfeld abgerutscht ist.
Gesundheitszufriedenheit relativ stabil
Auch bei der Zufriedenheit in verschiedenen Lebensbereichen liegt Hessen unter dem Bundesdurchschnitt. Am nächsten kommt die Gesundheitszufriedenheit mit 7,03 Punkten, die relativ stabil ist, was auf die insgesamt jüngere Bevölkerung zurückzuführen ist. Auffällig ist jedoch die vergleichsweise niedrige Zufriedenheit mit dem Einkommen, trotz der hohen Kaufkraft in Hessen. Ein möglicher Grund dafür könnte die ungleiche Vermögensverteilung im Süden des Landes sein. Studien zeigen, dass Regionen mit größerer Ungleichheit oft auch eine geringere Einkommenszufriedenheit aufweisen, da der soziale Vergleich mit wohlhabenderen Nachbarn das Gefühl von Ungerechtigkeit und Neid verstärkt.
Objektiv betrachtet steht Hessen allerdings gut da: Im Lebensqualitätsranking belegt das Bundesland den dritten Platz, direkt hinter Bayern und Baden-Württemberg. Subjektiv spiegelt sich diese hohe Lebensqualität jedoch nicht in der Zufriedenheit der Bevölkerung wider, die nur den neunten Platz erreicht. Damit gilt Hessen als „Underperformer“, da das objektive Wohlstandsniveau nicht im Einklang mit dem subjektiven Wohlbefinden der Menschen steht.
Abbildung 2: Bereichszufriedenheit in Hessen
Die Unterschiede des Wohlbefindens zwischen Nord- und Südhessen sind gravierend. Während der Norden Hessens im Jahr 2024 einen leichten Anstieg der Lebenszufriedenheit um 0,05 Punkte verzeichnete und mit 7,20 Punkten überdurchschnittlich abschneidet, sank das Glücksniveau im dichter besiedelten Südhessen um 0,12 Punkte auf 6,86. Diese regionale Diskrepanz hat dazu beigetragen, dass die Lebenszufriedenheit in ganz Hessen im Durchschnitt zurückging. Besonders auffällig sind die Unterschiede zwischen den Großstädten. Kassel im Norden Hessens wurde in unserem Städteranking im Frühjahr 2024 zur glücklichsten Großstadt gekürt, während Frankfurt am Main und Wiesbaden, beide im Süden gelegen, auf den hinteren Rängen landeten. Die Region Nordhessen ist regelmäßig eine »Glücksregion«: Neben Schleswig-Holstein, Hamburg, dem Süden Bayerns und Teilen von NRW lebt es sich auch rund um Kassel und Gießen am besten.
Da Südhessen deutlich dichter besiedelt ist als Nordhessen, hat der dortige Rückgang der Lebenszufriedenheit einen stärkeren Einfluss auf den Gesamtdurchschnitt Hessens und zieht diesen nach unten. Die Gründe für das sinkende Wohlbefinden in Südhessen sind schwer nachvollziehbar, zumal die wirtschaftliche Lage gut ist und das Rhein-Main-Gebiet zu den industriestärksten Regionen Deutschlands zählt. Die allgemeinen Unterschiede im Lebensglück zwischen Nord- und Südhessen haben dagegen strukturelle Ursachen. Nordhessen ist stark ländlich geprägt, wirtschaftlich wohlhabend und zeichnet sich durch geringe Ungleichheit sowie eine gute Gesundheits- und Bildungsversorgung aus. Zudem bieten Universitätsstädte wie Gießen, Marburg und Kassel eine attraktive und entspannte Lebensqualität.
Südhessen hingegen ist durch den Ballungsraum Frankfurt am Main urbaner und dynamischer, was oft zu einem hektischeren und stressigeren Alltag führt, ohne dass der Wohlstand für die Mehrheit der Bevölkerung höher ist als im Norden. Allerdings ist die Ungleichheit hier deutlich größer: Das Sozialmonitoring der Stadt Frankfurt am Main zeigt erhebliche Einkommens- und Vermögensunterschiede zwischen den Stadtteilen auf. Auch die Differenzen im Lebensglück innerhalb der Stadt sind erheblich: In Stadtteilen wie Sossenheim oder Fechenheim, die stark migrantisch geprägt sind, liegt die Lebenszufriedenheit bei durchschnittlich 5,9 Punkten, während sie in Bergen-Enkheim bei 7,6 Punkten liegt – ein Unterschied von 1,7 Punkten. Neben der relativ niedrigen Lebenszufriedenheit in Frankfurt berichten auch die Bewohner von Darmstadt und Wiesbaden von nur mäßigem Wohlbefinden.
Abbildung 3: Südhessen deutlich unzufriedener als Nordhessen
Lebenzufriedenheit im Durchschnitt in Hessen 2024: 7,01
Hessen befindet sich in einer Phase der Neuorientierung. Während der Norden weiterhin stabile Zufriedenheitswerte verzeichnet, steht der Süden des Landes vor Herausforderungen, die sich nicht nur in der wirtschaftlichen Ungleichheit, sondern auch in der Lebenszufriedenheit widerspiegeln. Ob es Süd-Hessen gelingt, den Abwärtstrend zu stoppen, wird von vielen Faktoren abhängen – nicht zuletzt von der Frage, wie der Süden Hessens mit der zunehmenden Einkommens- und Vermögensungleichheit umgeht.
Stärken | Hessen | Deutsch- land |
---|---|---|
Sicherheit | ||
Anzahl Straftatena Erfasste Straftaten je 100.000 Einwohner, 2022 |
5.855 | 6.700 |
Wohlstand | ||
Kaufkraftb Jährliche Kaufkraft je Einwohner in Euro, 2024 |
28.613 | 27.848 |
Arbeitsmarkt | ||
Arbeitslosenquotec Anteil Arbeitslose an Erwerbspersonen in %, 2024 |
5,4 | 5,8 |
Wirtschaftskraft | ||
BIP je Beschäftigtenb BIP je Erwerbstätigen in Euro, 2023 |
97.750 | 89.720 |
Schwächen | Hessen | Deutsch- land |
---|---|---|
Ungleichheit | ||
Gini-Koeffizient Einkommend Gini-Koeffizient zur Einkommensverteilung, 2023 |
0,32 | 0,3 |
Gesundheitsversorgung | ||
Krankenhausbettendichtee Anzahl Krankenhausbetten je 100.000 Einwohner, 2022 |
76 | 86 |
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