Für das Glücksempfinden ist es nicht egal, was man konsumiert. Erlebnisse wie Urlaubs-reisen oder Musikfestivals bringen deutlich mehr und nachhaltigere Lebenszufriedenheit als materieller Konsum, etwa der Kauf einer Hose oder Matratze. Ein glücksförderndes Phänomen ist auch der demonstrative Konsum. Wenn andere mitbekommen, wie teuer oder „moralisch“ man konsumiert, desto größer das Wohlbefinden.
Es ist nicht egal für die persönliche Glücksbilanz, was man konsumiert. Sind erst mal alle Grundbedürfnisse erfüllt – also Essen, Kleidung, ein Dach über dem Kopf – stellt sich die Frage, was noch gekauft werden könnte, um das Leben angenehmer zu machen. Dazu gibt es in der Glücksforschung bereits einige Ergebnisse.
Mehr Erlebniskonsum statt materiellem Konsum
Erlebniskonsum bringt mehr als materieller Konsum. In einer Studie von Nicolao et al. (2009) wurden amerikanische Studenten nach ihrer letzten positiven oder negativen Konsumerfahrung befragt, bei der sie mindestens 300 Dollar ausgaben. Die eine Gruppe der Studierenden wurde nur nach ihrem letzten Erlebniskonsum (Veranstaltungsbesuch, Freizeitaktivität, Urlaubsreise etc.) befragt, die andere Gruppe nach ihrem letzten materiellen Konsum (Kauf eines Fernsehers, Fahrrads, Möbelstücks etc.). Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse der Studie. Studenten aus der Gruppe »Erlebniskonsum« berichten bei positiver Bewertung des Erlebnisses im Durchschnitt von einer deutlich höheren Zufriedenheit (9,04 Punkte) als die Studenten aus der Gruppe »Materieller Konsum« (8,28 Punkte). Salopp gesprochen: Der Besuch eines Musikfestivals, das einem gefallen hat, wirkt sich positiver auf das Glück aus als etwa der Kauf eines Möbelstücks.
Abbildung 1: Unterschiede in der Lebenszufriedenheit zwischen Erlebniskonsum und materiellem Konsum
Sind wir mit einer Konsumerfahrung unzufrieden, gibt es kaum einen signifikanten Unterschied. Ob es sich um ein schlecht bewertetes Festival oder einen minderwertigen Fernseher handelt, die Zufriedenheit sinkt auf ein ähnlich niedriges Niveau.
Der Erlebniskonsum hat laut Nicolao noch einen weiteren Vorteil: Der Anpassungsprozess auf das alte Glücksniveau vollzieht sich langsamer. Der Festivalbesuch hebt das Glücksniveau deutlich länger auf ein höheres Level, bis es wieder auf den alten Wert fällt. Nachdem das Festival stattgefunden hatte und die Zufriedenheit zunächst um 0,9 Punkte gestiegen war, zeigte sich, dass das Glücksniveau nach 90 Minuten um ungefähr 0,11 Punkte abnahm. Im Vergleich dazu ließ der positive Effekt eines neu erworbenen Fernsehers deutlich schneller nach: Bereits 90 Minuten nach dem Kauf sank das Glücksniveau um 0,33 Punkte (bei einem vorherigen Anstieg um 0,9 Punkte).
Wohlgemerkt: Es geht hier nur um Konsumausgaben mit einem Wert von etwa 300 Dollar. Die Autoren vermuten jedoch ähnliche, aber stärkere Effekte bei teureren Anschaffungen. Bei einer negativen Bewertung zeigt sich ein ähnliches Muster: Personen, die mit einem Erlebnis unzufrieden waren, durchlaufen eine längere Phase mit niedriger Zufriedenheit als Personen, die mit einer materiellen Anschaffung unzufrieden waren. Das negative Festivalerlebnis bleibt also wesentlich länger im Gedächtnis haften als der unansehnliche Fernseher, mit dem man sich im Laufe der Zeit arrangiert.
Urlaubsreisen oder Ausflüge sind – kurzfristig – mächtige Glücksbringer
Unter allen Konsumerlebnissen sticht die Urlaubsreise besonders heraus. Personen, die mindestens einmal im Jahr eine einwöchige Urlaubsreise unternehmen, weisen im Durchschnitt eine um 0,6 Punkte höhere Zufriedenheit mit ihrem Leben auf. Der Zufriedenheitszuwachs ist dabei unabhängig vom Geschlecht (Abbildung 2). Die Lebenszufriedenheit der Männer wächst von 6,3 auf 6,9, die der Frauen 6,7 auf 7,3.
Abbildung 2: Die jährliche Urlaubsreise
Die Zufriedenheitszunahme fällt aber umso geringer aus, je öfter ein Konsumgut genossen wird. So ist es auch beim Urlaub: Wenn unterdurchschnittliche Verdiener einmal im Jahr in Urlaub gehen, dann ist der Zufriedenheitseffekt deutlich höher als bei einem überdurchschnittlichen Verdiener, der regelmäßig zu Urlaubsreisen aufbricht. Der Glückszuwachs steigt bei den »Niedrigverdienern« von 6,48 auf 7,15 Punkte (plus 0,67 Punkte), bei den »Gutverdienern« nur von 6,72 auf 7,06 Punkte (plus 0,34 Punkte).
Wichtig ist, dass der Konsum anderen auffällt
Wie sieht es mit den Zufriedenheiten bei anderen Konsumgütern aus? Dazu gibt es bis heute relativ wenige Studien. Mithilfe von SOEP-Daten aus dem Jahr 2010 konnten Noll und Weick (2015) nachweisen, dass hohe Ausgaben für Bekleidung und gastronomische Dienstleistungen mit einer höheren Lebenszufriedenheit einhergehen. Aufwendungen für Telekommunikation hingegen wirken sich negativ auf die Lebenszufriedenheit aus.
Macht das Auto glücklich? Es scheint keine große Rolle zu spielen, ob ein Haushalt ein, zwei oder drei Fahrzeuge (Autos, Motorräder, Mopeds, Mofas usw.) besitzt. In Bezug auf die Anzahl der Autos gibt es nur geringfügige Unterschiede (siehe Abbildung 3). Das erste und zweite Auto steigert zumindest bei Männern die Lebenszufriedenheit - von 6,67 ohne Autobesitz auf 6,80 bei einem Auto und 6,91 bei zwei Autos. Das dritte Auto hingegen verringert die Lebenszufriedenheit bei beiden Geschlechtern erheblich (Männer: minus 0,2 Punkte; Frauen: minus 0,17 Punkte). Es scheint, als seien viele Haushalte mit einem dritten Auto finanziell überfordert.
Abbildung 3: Lebenszufriedenheit und die Anzahl von Autos pro Haushalt
Eine Regel, die in den Wirtschaftswissenschaften schon lange bekannt ist, lautet: Ein Konsumgut stiftet umso mehr Nutzen, je mehr es anderen positiv auffällt. Bekannt geworden ist diese Art des demonstrativen Konsums durch Thorstein Veblen, der sich in seinem Werk »Theorie der feinen Leute« über die Konsumgewohnheiten der Oberschicht lustig macht. Konsumgewohnheiten haben allgemein nicht nur praktischen Nutzen, sondern dienen vor allem der Demonstration von sozialer Überlegenheit und dem Streben nach Prestige.
Geltungskonsum kann glücksstiftend wirken, das gilt auch für »moralischen Konsum«. Studien, die sich mit grünem oder nachhaltigem Konsum beschäftigen, zeigen: Je höher der demonstrative Anteil am Konsum eines nachhaltigen Produkts, desto zufriedener der Konsument. Ein Beispiel: Mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren ist gerade dann befriedigend, wenn die Arbeitskollegen auch bemerken, dass man sich tagtäglich abstrampelt, um einen Beitrag für den Umweltschutz zu leisten. Fährt man mit dem Fahrrad und niemand bekommt es mit, ist der Zufriedenheitszuwachs nur mäßig und begründet sich allein in einer mittelfristig besseren Gesundheit.