Unter den 400 deutschen Landkreisen gibt es sechs Regionen, die sich durch besonders hohe Lebenszufriedenheit auszeichnen. Diese "Glücksgebiete" sind ländlich geprägt, liegen nahe einer Großstadt und haben überdurchschnittlich viele Kinder. Zudem sind die Menschen dort stark mit ihrer Region verbunden und engagieren sich intensiv im sozialen Leben.
Unter den 400 deutschen Landkreisen gibt es sechs sogenannte Glücksgebiete, die sich durch eine besonders hohe Lebenszufriedenheit auszeichnen. Diese Regionen haben einige wichtige Gemeinsamkeiten: Sie sind ländlich geprägt, liegen aber in der Nähe einer Großstadt und haben eine überdurchschnittlich hohe Kinderzahl. Zudem sind die Menschen dort stark mit ihrer Region verbunden und engagieren sich intensiv im sozialen Leben. In allen sechs Glücksgebieten haben über zwei Drittel der Bevölkerung eine hohe Zufriedenheit mit ihrem Leben. Es gibt außerdem nur wenige bzw. nahezu gar keine völlig Unzufriedenen. Somit herrscht eine beträchtliche Homogenität im Wohlbefinden in der gesamten Bevölkerung
Für die Lebenszufriedenheit sind nicht nur persönliche Faktoren wie Alter, Gesundheit und Beruf entscheidend, sondern auch regionale Einflüsse wie die Arbeitslosenquote und Investitionsbereitschaft. Die sogenannte »Glücksgeographie« identifiziert zentrale regionale Merkmale, die das Wohlbefinden beeinflussen: Eine abwechslungsreiche Landschaft mit Wiesen, Wäldern, Seen oder Bergen kombiniert mit städtischen Freizeitangeboten wie Gastronomie, Shopping und Unterhaltungsmöglichkeiten bietet die besten Voraussetzungen für ein glückliches Leben.
Unsere Analyse der Landkreise anhand der wichtigsten Glücksfaktoren zeigt, dass es auch in Deutschland Regionen gibt, in denen besonders viele dieser vorteilhaften Komponenten zusammenkommen – die sogenannten »Glücksgebiete«. Dieses Konzept lehnt sich an die Idee der »Blue Zones of Happiness« von Dan Buettner an, der auf seinen Reisen Orte entdeckte, an denen die Menschen außergewöhnlich glücklich und langlebig sind. Internationale Studien zählen regelmäßig Länder wie Costa Rica, Dänemark und Singapur zu den glücklichsten der Welt, was unter anderem auf einen starken sozialen Zusammenhalt, enge familiäre Bindungen, einen aktiven Lebensstil und wenig Materialismus zurückzuführen ist. Der SKL-Glücksatlas wollte herausfinden, wo solche außergewöhnlichen Glücksgebiete in Deutschland zu finden sind.
Die Analyse basiert auf Daten von knapp 30.000 Befragten aus der Glücksatlas-Datenbank der Jahre 2021 bis 2023. Mithilfe von Regressionsanalysen und insgesamt 75 Indikatoren wurden die Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit untersucht. Abbildung 1 präsentiert auf der Deutschlandkarte die Lage der sechs identifizierten Glücksgebiete, Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Kennwerte. In den Landkreisen Dillingen, Düren, Emmendingen, Fürstenfeldbruck, Gießen und dem Saalekreis leben besonders viele Hochzufriedene und wenig Unzufriedene. Mit Ausnahme des Saalekreises (65,2 Prozent) und Dillingen (68,0 Prozent) sind drei Viertel der lokalen Bevölkerung in diesen Gebieten äußerst glücklich. In den Kreisen Dillingen, Düren und Gießen konnten wir sogar (nahezu) keine unzufriedenen Personen im Datensatz finden.
Tabelle 1: Lebenszufriedenheit in den Glücksgebieten
Glücksgebiet (Landkreis) |
Anzahl Befragte |
Glück Mittelwert |
Anteil (%) Hochzufriedene |
Anteil (%) Unzufriedene |
Mittelwert im Bundesland |
---|---|---|---|---|---|
Dillingen (Donau) | 200 | 8,01 | 68,0 | 0,2 | 6,95 (Bayern) |
Düren | 173 | 8,00 | 74,0 | 0,1 | 6,89 (NRW) |
Emmendingen | 171 | 7,85 | 73,2 | 2,8 | 6,76 (BW) |
Fürstenfeldbruck | 187 | 8,02 | 73,6 | 2,2 | 6,95 (Bayern) |
Gießen | 211 | 8,11 | 72,0 | 0,9 | 6,85 (Hessen) |
Saalekreis | 218 | 7,45 | 65,2 | 7,0 | 6,83 (SA) |
Anmerkung:
Allgemeine Lebenszufriedenheit von 0 (= ganz und gar unzufrieden) bis 10 (= völlig zufrieden).
NRW = Nordrhein-Westfalen, BW = Baden-Württemberg, SA = Sachsen-Anhalt.
Quelle: Glücksatlas-Datenbank 2021-2023, eigene Berechnungen.
Die Geheimnisse der „sechs Glücksgebiete“
Sechs Indikatoren stachen dabei besonders hervor, da sie einen stärkeren Zusammenhang mit hoher Lebenszufriedenheit aufwiesen als andere Faktoren wie Einkommen, Durchschnittsalter oder Bildungsgrad:
- Hohe Vereinsdichte: Je mehr Vereine es pro 1.000 Einwohner in einem Kreis gibt, desto zufriedener sind die Menschen dort. Vereine schaffen soziale Netzwerke, fördern das Ehrenamt und steigern das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Selbstkontrolle in der Bevölkerung.
- Geringe Abwanderung: Ein Zeichen für hohes Wohlbefinden ist, wenn nur wenige Menschen aus dem Landkreis wegziehen. Wer sich wohlfühlt, bleibt – die Menschen bevorzugen eine Umgebung, die ihren Bedürfnissen entspricht.
- Kurze Pendelwege: Lange Arbeitswege oder weite Strecken zum Arzt oder zur Schule beeinträchtigen das Lebensglück, während kurze Wege die Zufriedenheit steigern.
- Wenige Einpersonenhaushalte: Alleinstehende Menschen, die oft ledig oder verwitwet sind, berichten tendenziell von geringerer Lebenszufriedenheit. Familien mit starken Bindungen und überdurchschnittlich vielen Kindern gelten dagegen als glücklicher.
- Kirchliche Prägung: Trotz sinkenden Einflusses der Kirchen zeigen Kreise mit einem höheren Anteil an Mitgliedern der beiden großen christlichen Kirchen eine höhere durchschnittliche Lebenszufriedenheit. Kirchen fördern das Gemeinschaftsgefühl und die Spiritualität – beides Faktoren, die das Glück steigern.
- Nähe zu einer Großstadt: In der Nähe einer Großstadt zu leben, aber nicht direkt in der Stadt, hat sich als vorteilhaft für das Lebensglück erwiesen. Unsere Glücksgebiete verbinden die Vorteile des städtischen und ländlichen Lebens.
Die sechs identifizierten Glücksgebiete auf Landkreisebene sind Dillingen, Düren, Emmendingen, Fürstenfeldbruck, Gießen und der Saalekreis. Diese Regionen sind gut über Deutschland verteilt. Drei von ihnen befinden sich im Süden: Dillingen in Bayern, Fürstenfeldbruck bei München und Emmendingen in Baden. Zwei weitere liegen in Mittelhessen (Gießen) und im katholisch geprägten Rheinland (Düren). Interessant ist auch, dass mit dem Saalekreis ein Glücksgebiet im Osten Deutschlands liegt, obwohl frühere Studien für Ostdeutschland insgesamt geringere Zufriedenheitswerte aufzeigen. Dies deutet darauf hin, dass es auch im Osten Glücksoasen gibt. Überraschend ist zudem, dass kein Glücksgebiet in Schleswig-Holstein liegt, obwohl das Bundesland regelmäßig mit hohen Zufriedenheitswerten im Glücksatlas hervorsticht. Zwar gibt es dort einige Regionen mit hohen Durchschnittswerten, doch auch viele Gebiete mit nur mäßiger Zufriedenheit.
Zur hohen Lebenszufriedenheit in diesen Glücksgebieten trägt auch die enge Verbundenheit der Menschen mit ihrer Region bei, das starke Vereinsleben und die niedrige Kriminalität.
Das zeichnet die „sechs Glücksgebiete“ aus
Der Landkreis Dillingen an der Donau gilt als echtes Glücksgebiet. Mit 8,01 Punkten liegt die Lebenszufriedenheit dort um 1,23 Punkte über dem gesamtdeutschen Durchschnitt und sogar über dem bayerischen Schnitt. Besonders auffällig: 68 Prozent der Befragten aus Dillingen sind mit ihrem Leben überaus zufrieden, in Bayern insgesamt nur 45 Prozent. Kaum jemand im Landkreis ist wirklich unzufrieden – ein markanter Unterschied zu Bayern und Gesamtdeutschland, wo etwa jeder zehnte bzw. neunte Befragte starke Unzufriedenheit äußert. Mit 8,01 Punkten ist Dillingen „der Glückliche unter den Hochzufriedenen“. Besonders Familien mit ein oder zwei Kindern schätzen den Landkreis sehr. Wirtschaftlich ist Dillingen nicht herausragend, doch der Landkreis punktet durch mittelständische Unternehmen, starke lokale Verwurzelung und eine gut erhaltene, naturnahe Umgebung wie das Donauried. Die lebendige Vereinslandschaft, wenig Pendlerverkehr und eine niedrige Abwanderungsrate tragen zu einer stabilen Gemeinschaft bei, die das Leben besonders familienfreundlich macht.
Der Landkreis Düren verzeichnet den höchsten Anteil an Hochzufriedenen in ganz Deutschland. Hier geben 74 Prozent der Menschen an, mit ihrem Leben sehr zufrieden zu sein – ein deutlicher Unterschied zum gesamtdeutschen Durchschnitt von 40,7 Prozent. Gleichzeitig ist kaum jemand im Landkreis wirklich unglücklich. Der Landkreis ist nicht etwa reich: Das Bruttoinlandsprodukt liegt unter dem Durchschnitt, und die privaten Schulden sind hoch. Zudem belastet der Strukturwandel im Kohle-Tagebau die Region. Die Lebenszufriedenheit ist vielmehr in der Lebensweise der Dürener zu finden: Nur wenige leben allein, die Vereinsdichte ist hoch, und viele sind stark in das religiöse Kirchenleben eingebunden. Der hohe Anteil an Mehrpersonenhaushalten sowie die geringe Abwanderung deuten auf eine starke Verwurzelung in der Region hin. Der Landkreis Düren bietet zudem einige Besonderheiten: Im Norden zieht das renommierte Forschungszentrum Jülich sowie die Nähe zu Aachen und Köln viele Hochqualifizierte an. Im Süden beeindruckt die Eifel mit ihrer intakten Naturlandschaft, was ebenfalls zur hohen Lebenszufriedenheit beiträgt.
Mit 7,85 Punkten liegt die Lebenszufriedenheit im Landkreis Emmendingen deutlich über dem deutschen Durchschnitt – um 1,07 Punkte höher. Beeindruckende 73,2 Prozent der Bewohner bezeichnen sich als „hochzufrieden“ mit ihrem Leben, während es bundesweit nur 40,7 Prozent sind. Auch die Unzufriedenheit ist mit nur 2,8 Prozent auffallend gering im Vergleich zum Durchschnitt in Baden-Württemberg (10,8 Prozent). Diese außergewöhnliche Zufriedenheit beruht auf einer ausgewogenen Mischung von Faktoren: Eine starke Vereinskultur, eine florierende lokale mittelständische Wirtschaft, die landschaftliche Schönheit des Südschwarzwalds und des Kaiserstuhls sowie die Nähe zu Freiburg tragen wesentlich zum hohen Lebensglück bei. Die lebendige Vereinsstruktur belebt das soziale Miteinander, während die niedrige Pendlerdichte auf eine gut entwickelte Wirtschaft vor Ort hinweist, die den Menschen Arbeitsplätze in der Nähe bietet und so ihre Lebensqualität steigert. Das familiäre Umfeld zeigt sich in der geringen Anzahl von Einpersonenhaushalten, und die hohe Religionszugehörigkeit spiegelt die kulturelle Identität und den Zusammenhalt der Gemeinschaft wider. Obwohl der Landkreis in wirtschaftlicher Hinsicht – gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – für baden-württembergische Verhältnisse unterdurchschnittlich abschneidet, scheint dies für das Lebensglück der Südbadener im Landkreis Emmendingen kaum von Bedeutung zu sein.
Im bayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck sind bemerkenswerte 73,6 Prozent der Menschen mit ihrem Leben sehr zufrieden. Was macht diesen Landkreis so besonders? Ein entscheidender Faktor ist die Nähe zur Landeshauptstadt München. Die Einwohner profitieren von den beruflichen und Freizeitmöglichkeiten einer Metropole, ohne die Nachteile des Großstadtlebens in Kauf nehmen zu müssen. Kurze Pendelwege, dazu Seen, Wälder und die Alpen in Reichweite, bieten eine ideale Mischung aus städtischem Komfort und Naturerlebnis. Die Arbeitslosenquote liegt bei nur 2,9 Prozent, deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 5,3 Prozent. Zudem gibt es in Fürstenfeldbruck eine geringe Zahl an Pflegebedürftigen, und die Schuldnerquote ist niedrig. Jedoch fällt auf, dass die Vereinsdichte geringer ist und es mehr Fortzüge gibt.
Im Landkreis Gießen sind 72 Prozent aller befragten Bewohner „hochzufrieden“. Nur jede 100. Person dort ist „unzufrieden“ – ganz anders als in Hessen und Gesamtdeutschland, wo es jede neunte ist. Die Region hat eine hohe Zuwanderung. Dank der Unistädte Gießen und Marburg ist die Bevölkerung sehr jung – in Gießen studieren 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner, das ist deutschlandweit Rekord. Attraktiv ist außerdem die gute Gesundheitsversorgung mit vielen Krankenhausbetten und eine lebendige Vereinskultur. Gießen ist überwiegend ländlich geprägt und zeichnet sich durch ein starkes ehrenamtliches Engagement sowie eine hohe Vereinsdichte und Religionszugehörigkeit aus.
Der Saalekreis ist der einzige ostdeutsche Landkreis, der zu den glücklichsten Regionen Deutschlands zählt. Fast zwei Drittel der Befragten (65,2 Prozent) sind sehr zufrieden mit ihrem Leben.Seine Lage zwischen den Städten Halle und Leipzig ermöglicht eine perfekte Balance zwischen städtischen Annehmlichkeiten und ländlicher Ruhe. Der Landkreis bietet eine gute Gesundheitsversorgung, vielfältige Freizeitangebote und Arbeitsplätze, während Seen, Felder und Wälder die Naturverbundenheit fördern.
Besonders auffällig ist die geringe Altersarmut von 1,1 Prozent, deutlich niedriger als der bundesweite Durchschnitt von 3,3 Prozent. Die Siedlungsdichte ist niedrig, und viele Menschen möchten im Saalekreis bleiben, wo auch die Baulandpreise vergleichsweise günstig sind. Ähnlich wie andere Glücksgebiete zeichnet sich der Saalekreis durch eine hohe Vereinsdichte, wenig Abwanderung und einen niedrigen Anteil an Einpersonenhaushalten aus. Unterschiede zeigen sich in den etwas längeren Pendelwegen und der historisch bedingt niedrigen Religionszugehörigkeit.
Weitere Indikatoren, die die Glücksgebiete auszeichnen, haben zwar weniger Einfluss auf die Lebenszufriedenheit, sind aber dennoch erwähnenswert. So ist der Einfluss des Einkommens gering, und drei der sechs Glücksgebiete weisen sogar ein unterdurchschnittliches Einkommen auf. Die überwiegend ländliche Prägung bringt weitere Vorteile: niedrige Kriminalität, landschaftliche Schönheit wie die Donau, den Schwarzwald und die Eifel sowie eine geringe Siedlungsdichte. Der Bildungsgrad der Bevölkerung ist hoch, was durch die Nähe zu Universitäten und Hochschulen in den umliegenden Großstädten unterstützt wird. Besonders der Landkreis Düren profitiert durch das Forschungszentrum Jülich sowie die Nähe zur RWTH Aachen und der Universität Köln. Die gesundheitliche Versorgung ist ebenfalls gesichert, dank des guten Gesundheitszustands der Bevölkerung und der Verfügbarkeit von Fachärzten und Krankenhäusern in den benachbarten Großstädten.