Neurentner, die abrupt aufhören zu arbeiten, fallen in den ersten drei Jahren in ein tiefes Loch. Im Gegensatz dazu verzeichnen die weiterhin erwerbstätigen Neurentner sogar einen Anstieg ihres Lebensglücks. Dabei reicht schon eine geringfügige Beschäftigung.
Immer mehr Senioren bleiben berufstätig, obwohl sie bereits Rente beziehen. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, soll künftig eine Prämie für den Rentenaufschub zusätzliche Anreize schaffen, länger zu arbeiten. Doch wie wirkt sich der Renteneintritt und eine mögliche Weiterbeschäftigung auf die persönliche Lebensqualität der Betroffenen aus? Sind Rentner mit Berufstätigkeit oder ohne Berufstätigkeit glücklicher? Sollten wir aus der Sicht der Glücksforschung Neurentnern wirklich Anreize zum »Weiterarbeiten« geben oder stünde ein »Drängen in die Weiterbeschäftigung« einem zufriedenen und wohlverdienten Ruhestand eher im Wege? Unsere Auswertungen auf Basis der Daten des Sozio-oekonomischen Panels zeigen, dass es sinnvoll ist, den endgültigen Ruhestand hinauszuzögern. Schon eine geringfügige oder Teilzeitbeschäftigung kann das persönliche Wohlbefinden erheblich steigern.
Die Ergebnisse sind besonders für Neurentner interessant. Denn die Unterschiede in der Lebenszufriedenheit nehmen mit der Rentendauer ab. Nicht-erwerbstätige Neurentner erleben in den ersten drei Jahren des Ruhestands einen deutlichen Rückgang der Lebenszufriedenheit – sowohl im Vergleich zur Erwerbsphase als auch zu erwerbstätigen Neurentnern (Differenz 0,52 Punkte auf einer Skala von 0 bis 10). Erst im vierten Ruhestandsjahr erreichen sie wieder das ursprüngliche Zufriedenheitsniveau. Erwerbstätige Neurentner hingegen steigern ihre Lebenszufriedenheit kontinuierlich nach dem Renteneintritt. Bereits im ersten Jahr gewinnen sie 0,16 Punkte hinzu, im dritten Ruhestandsjahr sogar 0,22 Punkte. Im Vergleich zu nicht-erwerbstätigen Neurentnern sind sie im ersten Jahr um 0,52 Punkte zufriedener (Abbildung 1).
Ob Neurentner nach dem Renteneintritt glücklicher oder unglücklicher sind, hängt also maßgeblich davon ab, ob sie weiterhin berufstätig bleiben oder nicht.
Abbildung 1: Große Zufriedenheitsunterschiede zwischen Rentnern mit und ohne Erwerbstätigkeit
Eine geringfügige Beschäftigung reicht schon
Rentner, die ihr Einkommen durch eine berufliche Tätigkeit aufbessern, verzeichnen im Durchschnitt lediglich einen Einkommensverlust von etwa zehn Prozent im Vergleich zu ihrer Zeit vor Rentenbeginn. Dabei muss der Umfang der Erwerbstätigkeit nicht groß sein – bereits eine geringfügige Beschäftigung reicht aus. Im Gegensatz dazu erleben nicht erwerbstätige Rentner mit dem Renteneintritt deutlich größere finanzielle Einbußen. Wer weiterhin arbeitet, sei es in Teilzeit oder geringfügig, kann sein Einkommen und damit den bisherigen Lebensstandard besser halten als Rentner ohne Erwerbstätigkeit. Bei Letzteren sinkt das Haushaltseinkommen um fast 20 Prozent. Zusätzlich zum finanziellen Verlust hat der Wegfall bestimmter sozialer Kontakte eine spürbare Auswirkung auf die Lebenszufriedenheit der Rentner.
Abbildung 2: Erwerbstätigkeit steigert das Lebensglück – egal, ob in oder Teilzeit oder geringfügig beschäftigt
Erwerbstätige Rentner profitieren nicht nur von einem höheren Einkommen, sondern auch von mehr sozialen Kontakten, und der Übergang in den Ruhestand gestaltet sich für sie oft reibungsloser. Wer dem Arbeitsmarkt teilweise erhalten bleibt, vereint das Beste aus beiden Welten: Einerseits wird man weiterhin gebraucht, trägt aber oft weniger Verantwortung und Belastung, während gleichzeitig die finanzielle Situation verbessert wird. Andererseits ermöglicht die gewonnene Freizeit, Hobbys, familiäre Verpflichtungen oder Reisen nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Geringfügig beschäftigte Rentner haben dabei häufig mehr Zeit und eine flexiblere Tagesgestaltung, was ihren leichten Vorteil gegenüber Teilzeitbeschäftigten erklärt. Aus Sicht der Glücksforschung erweist sich ein schrittweiser Übergang in den Ruhestand als vorteilhafter gegenüber einem abrupten Ausstieg aus dem Berufsleben.
Für Bezieher einer Altersrente gilt keine Hinzuverdienstgrenze. Pensionäre, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, dürfen grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdienen mit Ausnahme von Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst.