Wir verbringen einen Großteil unserer Lebenszeit am Arbeitsplatz. Im Durchschnitt arbeiten Erwerbstätige in Vollzeit in Deutschland 40,5 Stunden pro Woche. Der Beruf hat einen großen Einfluss auf unsere Lebenszufriedenheit. Daher lohnt es sich, einen Blick auf unser Glück am Arbeitsplatz und beim Jobwechsel zu werfen.
22% der deutschen Beschäftigten sind unzufrieden mit ihrem Job. In Finnland sind es dagegen lediglich fünf Prozent und in Griechenland ist es fast ein Drittel. Warum sind wir im Beruf zufrieden und was macht uns unzufrieden? Viele Unternehmen messen die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter und haben mittlerweile erkannt, welche Faktoren diese beeinflussen: das Gehalt, die Vielfalt und der Herausforderungsgrad der Aufgaben, die Ausgewogenheit zwischen Beruf und Privatleben, die Beziehungen zu Kollegen und die Qualität der Führung durch Vorgesetzte.
Persönlichkeit und Arbeitsanforderungen müssen harmonieren
Die Umfragen zeichnen seit Langem ein konstantes Bild: Da wir in einer „rich man’s world“ leben, wie schon ABBA wusste, ist das Einkommen den Arbeitnehmern am wichtigsten. So nahm nach der Einführung des Mindestlohns die Arbeitszufriedenheit in Deutschland deutlich zu. Das Einkommen stieg und ein Teil der Arbeitnehmer konnte so auch die Arbeitsbelastung reduzieren.
Das Einkommen allein macht aber noch nicht glücklich. Tatsächlich haben Forscher eine interessante Beobachtung gemacht: Wer mit seinem Verdienst nicht zufrieden ist, wird auch generell mit dem Beruf nicht glücklich sein. Für eine hohe Zufriedenheit muss das Arbeitsumfeld stimmen. Dazu gehören die Kollegen und natürlich auch die Aufgaben.
Die Wertschätzung bei der Arbeit spielt dabei eine große Rolle. Wird sie als zufriedenstellend empfunden, hat das allerdings kaum Einfluss auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Sollten sich die Mitarbeiter aber zu wenig durch die Vorgesetzten wertgeschätzt fühlen, sinkt die Arbeitszufriedenheit deutlich. Deutschland ist laut der Peakon-Studie leider „Frustweltmeister“ bei der Arbeit. Knapp ein Viertel der Deutschen geht lustlos und unmotiviert ins Büro.
Auch ein weiterer Faktor wird den Arbeitnehmern immer wichtiger: der Sinn der Arbeit. Hat meine Tätigkeit einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft oder sitze ich bloß meine Stunden mit unnützen Aufgaben ab? Von diesen stumpfen, sinnlosen Jobs gibt es viele, der amerikanische Ökonom David Graeber schätzte ihren Anteil in seinem Buch Bullshit Jobs sogar auf ein Drittel aller Arbeitsplätze. Viele Jobs haben auch einen hohen Bullshit Anteil, bürokratischer Papierkram beispielsweise, den niemand interessiert, der aber gemacht werden muss. Viele Arbeitnehmer halten ihren Job für irrelevant und identifizieren sich daher kaum mit ihrem Unternehmen. Und: Wenn alle Jobs sinnstiftend sein sollen, wer putzt dann die Toiletten und liefert die Pakete aus? Für viele ist die Arbeit nur ein notwendiges Übel, um Geld zu verdienen. Auch die Karriere spielt für die Zufriedenheit mit der Arbeit eine untergeordnete Rolle, weil neun von zehn Erwerbstätigen gar keine Karriere machen. Deshalb ist die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie für viele Arbeitnehmer sehr wichtig.
Abbildung 1: Charakter und Anforderungen müssen zusammenpassen
Personen, die in einem Job arbeiten, dessen Anforderungen ihrer Persönlichkeit entsprechen (Match), sind im Durchschnitt zufriedener mit ihrer Arbeit als Menschen, bei denen das nicht der Fall ist (Mismatch) (Abbildung 1). So bewerten Erwerbstätige, die genau das für ihren Job erforderliche Maß an »emotionaler Stabilität« (Persönlichkeitsmerkmal) mitbringen, ihre Arbeitszufriedenheit im Durchschnitt mit 7,60 Punkten. Das sind 0,21 Punkte mehr als bei Personen, bei denen dieses Persönlichkeitsmerkmal zu stark beziehungsweise zu niedrig ausgeprägt ist (7,39).
Die Arbeitszufriedenheit hängt also auch von der Persönlichkeit und genetischen Disposition ab. Ein introvertierter Persönlichkeitstypus wird als Theaterschauspieler weniger zufrieden sein als ein extrovertierter. Beim Buchhalter oder Softwareprogrammierer ist es umgekehrt. Die Persönlichkeit hat auch schon Einfluss auf die Jobsuche: Wer abenteuerlustig ist, wird wohl eher Industriekletterer als Archivar. In Berufen wie Krankenpfleger oder Lehrer geben mehr Arbeitnehmer an, dass es für sie wichtig ist, für andere da zu sein. Wir suchen uns meist einen Beruf aus, der zu unserer Persönlichkeit passt, und das kann einen Teil des Glücksgefälles erklären. Wenn die ausgeübte Tätigkeit der erlernten Tätigkeit entspricht, fühlen wir uns besser qualifiziert. In dem Fall ist sowohl die Lebens- als auch die Arbeitszufriedenheit höher.
Bringt ein Jobwechsel das ersehnte Glück?
Menschen scheuen Veränderungen, auch im Berufsleben. Trotz geringer Arbeitszufriedenheit bleiben die meisten ihrem Job treu, es sei denn, es gibt eine gute Gelegenheit, mehr Geld zu verdienen oder der Karriere einen Schub zu versetzen. Das Sozio-oekonomische Panel zeigt, dass ein freiwilliger Wechsel zwischen den Jahren 1985 und 2013 mit einem Lohnzuwachs von durchschnittlich 10,7% verbunden war. Treue Mitarbeiter hingegen verzeichnen nur eine Steigerung von 4,7%. Also, worauf warten wir? Jetzt den Job wechseln! Aber Vorsicht: Ein neuer Arbeitsplatz garantiert nicht automatisch mehr Zufriedenheit.
Wenn Beschäftigte den Arbeitgeber wechseln, kann dies Unterschiedliches bedeuten. Grob unterscheiden lässt sich die Art eines Wechsels anhand der Eigenschaften veränderte Tätigkeiten bzw. Anforderungsprofile sowie Branchenwechsel. Daraus ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix (Abbildung 2). Wechseln wir den Arbeitgeber innerhalb der gleichen Branche und bleiben bei unseren Tätigkeiten, so können wir von einem »einfachen Jobwechsel« sprechen. Dann wechselt etwa ein Steuerfachangestellter innerhalb der Steuerberaterbranche schlicht die Steuerkanzlei. Ein Steuerfachangestellter kann aber auch die Branche wechseln, indem er z.B. von einer Steuerkanzlei in ein Unternehmen der Chemieindustrie wechselt und als Steuerreferent dort dann gleiche bzw. ähnliche Tätigkeiten ausübt (»einfacher Branchenwechsel«). Wenn der Steuerfachangestellte aber in die Chemieindustrie wechselt und sich zum Laboranten umschulen lässt, handelt es sich um weitgehende Berufs- oder Jobwechsel.
Abbildung 2: Berufs- und Jobwechsel unterscheiden sich
Gleiche bzw. ähnliche Tätigkeiten / Anforderungen |
Verschiedenartige Tätigkeiten / Anforderungen |
|
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Kein Branchenwechsel | Einfacher Jobwechsel | Weitgehender Jobwechsel |
Branchenwechsel | Einfacher Branchenwechsel | Weitgehender Berufswechsel |
Quelle: Eigene Darstellung.
Je nach Art des Wechsels ist der Einfluss auf Lebens- und Arbeitszufriedenheit unterschiedlich groß. Ein einfacher Job- oder Berufswechsel bedeutet zumeist nur neue Arbeitskollegen und Chefs – oftmals aber auch eine nur mäßige Lohnerhöhung. Die Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit(flexibilität), Tätigkeiten, Führungsstrukturen oder Karrierechancen verändern sich zumeist nicht. Die zu Beginn verbesserte Zufriedenheit aufgrund neuer Kollegen und Gehaltsverbesserung verliert sich meist nach einigen Jahren wieder. Einfache Job- oder Berufswechsel werden häufig vorgenommen, um auf der Karriereleiter ein Stück weiterzukommen. Das erhöht den Status des Arbeitnehmers und damit seine Lebenszufriedenheit (Georgellis et al. 2022).
Abbildung 3: Jobwechsel bringt eine Zeit lang zusätzliche Arbeitszufriedenheit
Wer den Job wechselt, wird mit einer mittelfristig höheren Zufriedenheit belohnt. Mit jedem weiteren Jahr im neuen Job wird man zunächst glücklicher, bevor die Zufriedenheit spätestens im fünften Jahr stagniert. Abbildung 3 zeigt, dass im Jahr des Jobwechsels die Arbeitszufriedenheit um 0,4 Punkte zunimmt. Nach fünf Jahren steigt die Arbeitszufriedenheit schon nicht mehr. Wir haben uns dann an die neuen Bedingungen gewöhnt (Adaptionseffekt).
Dann ist es Zeit, weiterzuziehen: Empfohlen werden maximal sieben Jahre beim gleichen Arbeitgeber. Die durchschnittliche Zeit im gleichen Job variiert je nach Branche aber stark. Ein Informatiker wird diesen Wert wohl eher unterbieten, Lehrer bleiben oft ein Leben lang an ihrer Schule. Generell sind Jobwechsel heute deutlich häufiger als früher. Deutsche bleiben im internationalen Vergleich aber weiterhin konservativ: Durchschnittlich bleiben sie 10,8 Jahre im gleichen Job. In Großbritannien wechseln etwa 10% der Erwerbstätigen jährlich ihren Arbeitsplatz, in Deutschland sind es nur 3,4%. Vielleicht würden mehr Wechsel helfen, den unbeliebten Titel als »Frustweltmeister« loszuwerden.
Dagegen verändert ein (weitgehender) Berufswechsel mit veränderten Anforderungen einen großen Teil der eigenen Lebensumstände. Was das genau für die Lebens- und Arbeitszufriedenheit bedeutet, wurde nach unserem Wissen bislang nicht untersucht. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich der Trend zu gebrochenen Erwerbsbiografien verstärkt. In manchen Branchen kam es zu einem »Exodus« an Arbeitnehmern und eine Flucht in andere Branchen. Die Agentur für Arbeit in Deutschland führt eine ausführliche Statistik zu den »Berufswechslern«. So gab es 2021 im Lebensmittel- und Gastgewerbe besonders viele Berufswechsler, die die Branche verließen und überwiegend in das Verkehr- und Logistikgewerbe wechselten.