Die Essener sind insgesamt nur mäßig zufrieden mit ihrem Leben. Besonders die Arbeit, das Einkommen und die Gesundheit erzielen unterdurchschnittliche Bewertungen, lediglich das Familienglück liegt im positiven Bereich. Sehr unzufrieden sind die Essener mit ihrer Stadt: Die Sicherheitslage, die wirtschaftliche Situation und die öffentliche Verwaltung erhalten schlechte Noten. Darüber hinaus vermissen die Menschen ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Nur 38 Prozent der Essener würden ihre Stadt einem Bekannten weiterempfehlen, was einen negativen Rekord darstellt.
Die Essener sind mit ihrem Leben durchschnittlich zufrieden. Auf der Skala von 0 (= »ganz und gar unzufrieden«) bis 10 (= »ganz und gar zufrieden«) bewerten sie ihre Lebenszufriedenheit mit 6,63 Punkten (Abbildung 1). Im Großstädte-Ranking des SKL Glücksatlas 2023 belegen sie in ihrer Lebenszufriedenheit damit Rang 8. Im Mittel der 12 untersuchten Großstädte liegt der Wert bei 6,72 und damit etwas höher. Essen ist glücklicher als Stuttgart (6,54 Punkte), Bremen (6,50 Punkte), Dresden (6,49 Punkte) oder Leipzig (6,44 Punkte). Weit zufriedener als Essen sind aber z.B. Hannover (6,75 Punkte), München (6,90 Punkte) oder Hamburg (7,16 Punkte).
Abbildung 1: Familienzufriedenheit top
Familienzufriedenheit hoch, Arbeits- und Gesundheitszufriedenheit gering
Mit den meisten persönlichen Bereichen sind die Essener unterdurchschnittlich zufrieden. Die Wohn- (6,70; Ø Städte: 6,75 Punkte) und Einkommenszufriedenheit (5,60; Ø Städte: 5,79 Punkte) ist gering. Besonders schwach schneiden auch die Gesundheits- (6,04 Punkte; Ø Städte: 6,36 Punkte) und in besonderem Maße die Arbeitszufriedenheit (5,83; Ø Städte: 6,23 Punkte) ab. Essen ist eine Stadt mit einer hohen Arbeitslosenquote von 10,4 Prozent (Städtedurchschnitt: 7,1 Prozent) und einer signifikanten Anzahl von Unterbeschäftigten sowie Langzeitarbeitslosen. Beinahe jeder fünfte Essener unter 65 Jahren hat Anspruch auf Bürgergeld, während es in anderen Städten nur jeder achte ist. Darüber hinaus sind 14 Prozent der Essener überschuldet und können ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen. Im Vergleich dazu liegt die Schuldnerquote in anderen Großstädten bei 11,4 Prozent.
Lichtblick ist die Familienzufriedenheit. Mit 7,13 Punkten liegen die Essener in diesem Bereich sogar auf Platz 2 hinter Hamburg (7,21 Punkte), aber weit vor Städten wie Köln (6,63 Punkte). Es scheint, dass die Essener im Durchschnitt ein sehr zufriedenstellendes Familienleben führen. Das mag daran liegen, dass nur 45,5 Prozent der Einwohner alleine in einem Haushalt leben, während es in anderen Großstädten mit 50,3 Prozent deutlich mehr sind. Studien zeigen, dass Menschen, die alleine leben, im Allgemeinen weniger zufrieden mit ihrem Familienleben sind als Paare oder Familien mit Kindern.
Auf die Zukunft bezogen sind die Essener pessimistisch. Fast ein Viertel ist fest davon überzeugt, dass es ihnen in 5 Jahren schlechter oder sogar viel schlechter gehen wird. 39 Prozent gehen davon aus, dass die Situation ähnlich bleiben wird. Im Vergleich dazu sind 37 Prozent optimistisch und glauben, dass es ihnen in 5 Jahren besser oder viel besser gehen wird (Städtedurchschnitt: 43 Prozent). Damit sind die Essener die pessimistischsten Großstädter. Die Frankfurter sind dabei am wenigsten pessimistisch: Nur jeder siebte glaubt, dass es ihm in 5 Jahren (viel) schlechter gehen wird.
Große Unzufriedenheit mit der eigenen Stadt
Die Essener sind mit ihrer Stadt sehr unzufrieden. Auf einer Skala von 0 (= »ganz und gar unzufrieden«) bis 10 (= »ganz und gar zufrieden«) fragten wir nach der allgemeinen Stadtzufriedenheit (Abbildung 2). Die Bürger Essens beurteilen ihre Stadt mit durchschnittlich 6,40 Punkten (Ø Städte: 6,90 Punkte). Das ist weit entfernt von Zufriedenheiten wie in Dresden (6,34 Punkte) oder Frankfurt am Main (6,38 Punkte). Unzufriedener mit der eigenen Stadt als die Essener sind nur noch die Berliner mit 6,35 Punkten.
Egal ob die Zufriedenheit mit dem kulturellen Angebot (6,31 Punkte; Ø Städte: 7,03 Punkte), den Naherholungsmöglichkeiten (6,44 Punkte; Ø Städte: 6,88 Punkte), der Verkehrsinfra-struktur (5,91 Punkte; Ø Städte: 6,46 Punkte) oder der öffentlichen Verwaltung (5,31; Ø Städte: 5,74 Punkte): Die Essener beurteilen ihre Stadt durchwegs negativer als die Bürger anderer Städte.
Abbildung 2: Essener mit ihrer Stadt unzufrieden
Zufriedenheit mit...
Besonders gravierend ist die Differenz aber in den Bereichen Wirtschaftsstandort (5,97 Punkte; Ø Städte: 6,63 Punkte), Zusammengehörigkeitsgefühl (5,25 Punkte; Ø Städte: 5,75 Punkte) und Sicherheitslage (5,30 Punkte; Ø Städte: 5,74 Punkte). Die Kriminalitätsquoten in Essen sind vergleichsweise hoch: 2,2 Wohnungseinbrüche je 1.000 Einwohner gibt es jährlich zu verzeichnen - im Schnitt der Großstädte sind es 1,4 Wohnungseinbrüche. In Essen erleben 8 von 1.000 Einwohnern pro Jahr mindestens einmal ein Gewaltverbrechen (Körperverletzung, Vergewaltigung, etc.), der Durchschnitt aller Großstädte liegt fast um die Hälfte niedriger und bei 4,6 Gewalttaten je 1.000 Einwohner.
Vor dem Hintergrund der Unzufriedenheit mit Sicherheit und Wirtschaftsstandort ist es keine Überraschung, dass »nur« 38 Prozent der Essener ihre Stadt einem Bekannten weiterempfehlen würden. Im Schnitt der Großstädte sind es 48 Prozent. 22 Prozent würden von Essen sogar abraten – das ist der höchste Wert im Großstädtevergleich.
Viel Handlungsbedarf
Beinahe sämtliche städtische Bereiche liegen im Defizitfeld. So hat die Sicherheitslage für die Essener eine hohe Relevanz und wird als sehr schlecht bewertet. Handlungsbedarf gibt es auch bei der Attraktivität als Wirtschaftsstandort. Auf persönlicher Ebene ist für die Essener eine Verbesserung der Arbeitssituation wichtig. Defizite gibt es auch in den Bereichen Zusammengehörigkeit, Stadtverwaltung, Naherholungsmöglichkeiten, Gesundheit, Einkommen und Wohnen. Verkehr und Kultur sind zwar unterdurchschnittlich, werden von den Essenern aber als nachrangig angesehen.
Abbildung 3: Wo in Essen Handlungsbedarf besteht
Die Familienzufriedenheit ist in Essen überdurchschnittlich, für die persönliche Lebenszufriedenheit spielt sie aber nur eine untergeordnete Rolle.
Essen hat auch seine Vorteile: Die Mietpreise sind im Vergleich zu anderen Städten immer noch relativ niedrig, und Verkehrsunfälle sind eher selten (Abbildung 4). Darüber hinaus bietet die geografische Lage von Essen klare Vorteile: Innerhalb von nur 1,2 Minuten erreicht man von jedem Ort in Essen ein sogenanntes "Mittelzentrum". Das bedeutet, dass Krankenhäuser, Kinos, Schwimmbäder oder Fachärzte in sehr kurzer Zeit erreichbar sind. Im Norden von Essen ist man schnell in Gelsenkirchen oder Bottrop, während vom Süden aus Bochum oder Mühlheim gut erreichbar sind. Zum Vergleich: Ein Einwohner von Hamburg benötigt durchschnittlich über 12 Minuten, um zum nächsten Mittelzentrum zu gelangen.
Abbildung 4: Objektive Faktoren
Stärken | Essen | Ø 12 Städte |
---|---|---|
Mietpreis-Einkommensverhältnis Anteil des Haushaltseinkommens, welcher für eine 80m² Wohnung aufgewendet werden muss, in Prozent |
22,7 | 32,7 |
Einpersonenhaushalte Anteil Haushalte mit einer Person in Prozent |
45,5 | 50,3 |
Straßenverkehrsunfälle Je 1.000 Einwohner |
0,6 | 4,2 |
Erreichbarkeit von Mittelzentren Mittelzentrum = Deckung des periodischen Bedarfs (Krankenhäuser, Schwimmbäder, Kinos, Fachärzte, etc.) Länge in Minuten, um ein Mittelzentrum zu erreichen |
1,2 | 7,5 |
Schwächen | Essen | Ø 12 Städte |
---|---|---|
Arbeitslosenquote Anteil der Arbeitssuchenden an den Erwerbspersonen, März 2023 |
10,4 | 7,1 |
SGBII-Quote Anteil Leistungsberechtigte an Einwohnern unter 65 Jahren |
18,9 | 12,2 |
Gewaltkriminalität je 1.000 Einwohner Anzahl an schweren Körperverletzungen, Vergewaltigungen, Schlägereien, etc. je 1.000 Einwohner |
8,0 | 4,6 |
Schuldnerquote Anteil an Schuldnern, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, in Prozent |
14,2 | 11,4 |
Essen bietet geringe Mieten und eine gute Lage. Ökonomische Faktoren aber schwach, etwa die Arbeitslosenrate und die Schuldnerquote.
Quelle: Sonderbefragung für das Städteranking im April 2023, Glücksatlas-Datenbank 2023. Basis: 3.000 Befragte in 12 deutschen Großstädten.
Essen hat sowohl ein ökonomisches als auch ein Sicherheitsproblem. Die Arbeitslosenquote ist mit 10,4 Prozent verhältnismäßig hoch, fast jeder fünfte Essener unter 65 Jahren ist leistungsberechtigt, Bürgergeld zu beziehen. 8 von 1.000 Einwohnern erleben jährlich Gewaltkriminalität, in anderen Städten ist es weniger als jeder fünfte von 1.000.
Datenbasis für das Städteranking 2023
Das Städteranking 2023 erscheint als Sonderstudie im Rahmen des SKL Glücksatlas. Für das Städteranking 2023 wurde die deutschsprachige Wohnbevölkerung mit Online-Zugang zwischen 16-74 Jahre repräsentativ in der Zeit vom 30.03. bis 24.04.2023 befragt. An der Erhebung nahmen insgesamt 3.001 Befragte aus 12 Großstädten (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig, Dresden, Hannover, Bremen, Essen) teil. Durchgeführt wurden die Interviews von Ipsos Public Affairs mithilfe des Online-Access-Panels.
Die Rohdaten aus den Befragungen wurden dem Institut für Finanzwissenschaft und Sozialpolitik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zugeleitet und dort von Prof. Dr. Raffelhüschen und seinem Team mithilfe eines statistischen Datenanalyseprogramms ausgewertet.
Das Städteranking 2023 im Rahmen des SKL Glücksatlas
Seit 2022 ist die Süddeutsche Klassenlotterie (SKL) Partner des Glücksatlas. Die wissenschaftliche Leitung hat Prof. Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg. „Mit unserem Engagement für den Glücksatlas wollen wir die Forschung über Zufriedenheit und Wohlbefinden in Deutschland erweitern und die Ergebnisse der Glücksforschung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen“, sagt Dr. Bettina Rothärmel – Vorstandsvorsitzende der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder AöR, Veranstalterin der SKL-Lotterien.
Mit Beginn der Partnerschaft initiiert die SKL zudem eine wissenschaftliche Glücksdatenbank für Journalistinnen, Journalisten und Interessierte: Unter skl-gluecksatlas.de werden kontinuierlich aktuelle Daten, Analysen und Sonderstudien über die Entwicklung der Lebenszufriedenheit in Deutschland bereitgestellt und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die SKL steht für die tägliche Chance auf Glück in Form von Geld- und Sachgewinnen. Beim SKL-Millionenspiel werden z.B. im Verlauf der Lotterie über 3,2 Millionen Gewinne im Wert von bis zu 20 Millionen Euro ausgespielt – staatlich garantiert.