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In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg

SKL Glücksatlas

Thüringen: Hohe Lebensqualität, mäßige Lebenszufriedenheit

Das Wohlbefinden der Thüringer erholt sich von der Corona-Krise nur schleppend und bleibt im bundesweiten Vergleich eher mittelmäßig. Unzufrieden sind sie vor allem mit der finanziellen Situation. Dabei könnten die Thüringer zufriedener sein, als sie es tatsächlich sind. Denn bei vielen objektiven Wohlfahrtsindikatoren wie Kriminalitätsrate, Wohnkosten oder Arbeitsmarkt steht das Land gut da. Es gibt sogar regelrechte »Glücksinseln«: Neben einem Eichsfeld gehören dazu besonders die Universitätsstädte.

Subjektive
Lebenszufriedenheit

Rang 11 (von 16)

Objektive
Lebensqualität

Rang 6 (von 16)

Im Jahr 2024 liegt die durchschnittliche Lebenszufriedenheit der Thüringer bei 6,90 Punkten und damit auf dem elften Platz im bundesweiten Vergleich der Bundesländer. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies nur eine geringe Verbesserung um 0,07 Punkte, während von 2022 auf 2023 noch ein Anstieg von 0,29 Punkten zu verzeichnen war. Damit entfernt sich Thüringen weiter vom bundesdeutschen Durchschnitt, nachdem es sich vor der Corona-Pandemie Jahr für Jahr diesem angenähert hatte und 2019 sogar als einziges ostdeutsches Bundesland die 7er-Marke erreicht hatte. Das Niveau von vor der Pandemie, als die Thüringer im Jahr 2019 noch 7,09 Punkte erreichten, ist bislang nicht wieder erreicht – anders als etwa in Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt. Die Corona-Krise hat das Wohlbefinden der Thüringer nachhaltig beeinträchtigt, auch wenn sich dieses inzwischen schrittweise erholt.

Abbildung 1: Allgemeine Lebenszufriedenheit in Thüringen 2015 bis 2024

Nach dem Sprung von 0,29 Punkten von 2022 auf 2023 nimmt die Lebenszufriedenheit der Thüringer 2024 nur um 0,07 Punkte zu.

Anmerkung: Lebenszufriedenheit von 0 (»ganz und gar unzufrieden«) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Für die Repräsentativität wurden Gewichtungsfaktoren genutzt.

Quelle: Sozio-oekonomisches Panel 2015 bis 2017, Glücksatlas-Datenbank 2015 bis 2024.

Während der Pandemie verzeichnete Thüringen einen besonders starken Rückgang der Lebenszufriedenheit: Zwischen 2019 und 2020/21 sank der Durchschnittswert um 0,64 Punkte (Abbildung 1). Ein derart drastischer Einbruch war sonst nur in urbanen Regionen Deutschlands zu beobachten. Bemerkenswert ist, dass strukturell vergleichbare Bundesländer wie Brandenburg und Sachsen-Anhalt deutlich geringere Einbußen im allgemeinen Wohlbefinden erlebten. Die Gründe, warum Thüringen so stark unter den pandemiebedingten Einschränkungen gelitten hat, sind noch nicht vollständig geklärt. Erste Hinweise liefern jedoch Daten zu den besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen: Vor allem junge Menschen und Studierende in den Universitätsstädten Erfurt, Jena und Ilmenau berichteten von deutlichen Einbußen in ihrer Zufriedenheit – stärker als an vielen westdeutschen Universitätsstandorten. Möglicherweise war die erzwungene Isolation während der Lockdowns in den kleineren thüringischen Städten schwerer zu ertragen als in den größeren Städten im Westen des Landes.

Geringe Zufriedenheit mit der finanziellen Situation

In allen abgefragten Lebensbereichen sind die Thüringer im Jahr 2024 weniger zufrieden als der bundesweite Durchschnitt (siehe Abbildung 2). Besonders deutlich zeigt sich dies bei der Einkommenszufriedenheit, die in Thüringen um 0,28 Punkte hinter dem gesamtdeutschen Durchschnitt liegt – ein typisches Muster für Ostdeutschland. Auch bei der Zufriedenheit mit der Gesundheit schneidet Thüringen mit einem Rückstand von 0,24 Punkten schlechter ab, was möglicherweise auf die schnell alternde Bevölkerung in den ländlichen Gebieten zurückzuführen ist. Besser steht Thüringen in den Bereichen Familie und Arbeit da, wo die Zufriedenheit fast dem bundesweiten Durchschnitt entspricht.

Ein Blick auf objektive Wohlstandsindikatoren wie Arbeitsmarkt, Gesundheitsversorgung und Umweltqualität zeichnet ein deutlich positiveres Bild: Nach diesen Kriterien würde Thüringen nicht auf Rang elf, sondern auf Platz sechs liegen. Das zeigt, dass die Thüringer theoretisch zufriedener sein könnten, als sie es tatsächlich sind – ein typisches Beispiel für einen „Underperformer“. Trotz einer im Vergleich niedrigen Wirtschaftskraft und einem nur moderaten Wohlstandsniveau bietet Thüringen viele positive Lebensaspekte. Die Kriminalitätsrate ist gering, die Wohnkosten sind erschwinglich, und der Arbeitsmarkt ist stabil. Zudem zeichnet sich Thüringen durch eine besonders gerechte Einkommensverteilung aus. Auch Naturfreunde kommen auf ihre Kosten: Die vielen Wälder und die oft unterschätzte landschaftliche Schönheit laden zu Outdoor-Aktivitäten wie Wandern und Radfahren ein. Das touristische Potenzial des Bundeslands ist dabei noch längst nicht ausgeschöpft – insbesondere im Vergleich zu stärker erschlossenen Regionen wie der Mecklenburgischen Seenplatte oder dem Erzgebirge. Erfurt zeigt zudem, dass Thüringen aufstrebend ist: Die Landeshauptstadt erreichte im Ranking der 40 größten deutschen Städte einen beeindruckenden zweiten Platz.

Abbildung 2: Bereichszufriedenheit in Thüringen

Die Zufriedenheit mit der finanziellen Situation und der eigenen Gesundheit liegt deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt. Am nächsten an den gesamtdeutschen Durchschnittswerten liegen hingegen die Zufriedenheit in den Bereichen Familie und Arbeit.

Anmerkungen: Zufriedenheit von 0 (»ganz und gar nicht zufrieden«) bis 10 (»völlig zufrieden«).
Für die Repräsentativität wurden Gewichtungsfaktoren genutzt. Für die statistische Robustheit sind für Thüringen die Daten aus den Jahren 2022 bis 2024 enthalten. Die Daten für Deutschland stammen aus 2024.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Grundlage der Glücksatlas-Datenbank 2022 bis 2024.

Innerhalb Thüringens gibt es erhebliche regionale Unterschiede in der Lebenszufriedenheit. Daten der letzten vier Jahre zeigen, dass die Bewohner der Städte im Schnitt um 0,35 Punkte zufriedener sind als die der ländlichen Gebiete. Auch innerhalb der ländlichen Regionen gibt es signifikante Differenzen: So sind die Menschen im Norden Thüringens im Durchschnitt um 0,20 Punkte zufriedener als im Süden. Besonders hervorzuheben ist das (katholische) Eichsfeld im Nordwesten des Landes, das mit einem Wert von 7,02 Punkten die höchste Lebenszufriedenheit aufweist. Im Gegensatz dazu liegen die Werte in den südlichen Landkreisen Sonneberg (6,54) und Saalfeld-Rudolstadt (6,53) deutlich darunter.

Abbildung 3

Lebenzufriedenheit im Durchschnitt in Thüringen 2024: 6,90

Thüringen kämpft noch immer mit den Folgen der Pandemie, hat aber gleichzeitig – wie das Ranking zur objektiven Lebensqualität zeigt – großes Potenzial. Zwar gibt es weiterhin strukturelle Herausforderungen, etwa bei der Zufriedenheit mit Einkommen und Gesundheit, doch das Bundesland bietet auch viele positive Aspekte: erschwinglichen Wohnraum, vielfältige Naturlandschaften und einen stabilen Arbeitsmarkt.

Stärken Thüringen Deutsch-
land
Gesundheitsversorgung    
Krankenhausbettena
Anzahl Krankenhausbetten je 100.000 Einwohner, 2022
715,4 573,3
Wohnsituation    
Wohnungsmietenb
Durchschnittsmiete pro m2, 2024
7,8 10,31
Ungleichheit    
Einkommen (Gini)c
Gini-Koeffizient zur Einkommensverteilung, 2023
0,25 0,3
Umweltqualität    
Freiraumfläched
Anteil Freiraumfläche an der Gesamtfläche in %, 2023
90,1 85,9
Schwächen Thüringen Deutsch-
land
Wohlstand    
Kaufkrafte
Kaufkraft je Einwohner in Euro, 2024
25.133 27.848
Wirtschaftskraft    
BIP je Beschäftigtenf
BIP je Erwerbstätigen in Euro, 2023
74.152 89.721

a Gesundheitsberichterstattung des Bundes. b kleinanzeigen.de. c Statistisches Bundesamt. d INKAR (IÖR-Monitor). e Statistisches Bundesamt f Statistisches Bundesamt.

Erfurt ist die zweitglücklichste Großstadt in Deutschland (> 200.000 Einwohner). Die Hauptstadt Thüringens weist eine Lebenszufriedenheit von 7,36 Punkten auf und liegt damit 0,64 Punkte über dem gesamtdeutschen Durchschnitt von 6,72 Punkten. Die Erfurter sind auch deutlich glücklicher als der thüringische Landesdurchschnitt.

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